Medizinisches System endlich wieder vom Kopf auf die Füsse stellen
Weener. Sein Fall schlägt Wellen. Dr. Bernd Josef Brinker behandelt in seiner dermatologi-
schen Praxis durchschnittlich 3.000 Patienten pro Quartal. Und er verschreibt, wenn medizi-
nisch sinnvoll, auch die sehr teuren modernen Biologika, Medikamente, die chronisch Kranken
Menschen erhebliche Linderung verschaffen, jedoch oftmals fünfstellige Beträge kosten. Die
hohe Fallzahl der von ihm behandelten Patienten und die verschriebenen teuren Medikamente
haben zu einer Regressforderung der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) über
einen mittleren fünfstelligen geführt, wie der niedergelassene Arzt im Gespräch mit dem Land-
tagsabgeordneten Ulf Thiele und einer Delegation der CDU Weener unter Leitung der Vorsit-
zenden und Kreistagsabgeordneten Hildegard Hinderks schildert.
Selbst die KVN hält das System für reformbedürftig und fordert anlässlich der Diskussion um
Dr. Brinker eine Abschaffung der Arzneimittelregresse. Zu Recht, wie Ulf Thiele im Anschluss
an das Gespräch in einer Mitteilung erklärte. „Denn es ist nicht vermittelbar und führt zu Fehl-
steuerungen zu Lasten der Patienten, wenn Ärzte dafür in Regress genommen werden, wenn
sie teure, aber medizinisch notwendige Medikamente verordnen“, so Thiele. Er geht aber weiter
als die KVN. Denn auch die Regressforderungen, die sich aus hohen Patienten- und Behand-
lungszahlen ergeben, gehören nach seiner Auffassung abgeschafft. „Es gibt immer weniger nie-
dergelassene Fachärzte. Und die Krankenhäuser sind zwischenzeitlich ebenfalls mit Ihren Ka-
pazitäten für Behandlung schwerer Fälle am Limit. In einer solchen Mangelsituation darf aber
nicht bestraft werden, wenn niedergelassene Ärzte zusätzliche Behandlungen übernehmen und
versuchen, mit Mehrarbeit das System zu stabilisieren. Im Gegenteil müssten diese Ärzte sogar
besonders belohnt werden. Was Dr. Brinker macht, ist vorbildlich. Dass er dafür finanziell in Re-
gress genommen werden soll, ein Witz. Ich werde daher auch dazu mit der KVN Kontakt auf-
nehmen und diskutieren, wie man dieses System vom Kopf wieder auf die Füße stellen kann“,
kündigt Ulf Thiele an.
Letztlich sei die Situation bei Dr. Brinker und vielen seiner Kollegen jedoch nur ein Symptom für
grundsätzliche Fehlentwicklungen im medizinischen System. „Wir benötigen sicherlich mehr Ef-
fizienz und mehr Kostenbewusstsein. Vor allem benötigen wir aber deutlich mehr Medizinstudi-
enplätze, um dem wachsenden Mangel Herr zu werden. Und die Zusammenarbeit zwischen
den Kliniken und den niedergelassenen Ärzten muss besser und enger organisiert werde“, ist
Thiele überzeugt. Er zeigte sich zuversichtlich, dass Dr. Brinker die Regresszahlung zunächst
abwende könne, hält es aber für dringend geboten, von diesem System der Regressandrohun-
gen weg und zu einem motivierenden und besser Patienten-leitenden System hinzukommen.